Die Periduralanästhesie wird fast ausschließlich als Kathetertechnik angewendet. Das Einführen eines dünnen Kunststoffschlauchs (Katheter) in den Periduralraum erlaubt die wiederholte oder dauerhafte Verabreichung von betäubenden Medikamenten, sodass die Wirkung über einen längeren Zeitraum (bis zu mehreren Tagen) aufrecht erhalten werden kann.
Der Periduralkatheter kann eigenständig zur Durchführung einer Regionalanästhesie, etwa in der Geburtshilfe zur Linderung der Wehenschmerzen, oder als Ergänzung zu anderen Anästhesieformen angewendet werden. Vor allem für die Schmerzbehandlung nach großen Eingriffen im Bereich von des Bauchraums oder Brustkorbs liefert er wertvolle Dienste.
Die Wirbelsäule besteht aus insgesamt 24 Wirbelkörpern, die über Bänder miteinander verbunden sind und durch die umgebende Rückenmuskulatur stabilisiert werden. Die Wirbelkörper sind ringförmig und bilden so einen knöchernen Hohlraum, den so genannten Wirbelkanal, der das empfindliche Rückenmark schützend umgibt.
Wie das Gehirn ist auch das Rückenmark von einer Haut umgeben, der so genannten Dura (harte Rückenmarkshaut). Diese sackartige Hülle ist mit einer speziellen Flüssigkeit, dem Liquor, gefüllt. Der von der Dura gebildete Raum heißt Spinalraum. Zwischen der Dura und den Knochen und Bändern der Wirbelsäule befindet sich der Epiduralraum (Periduralraum). Er enthält Fett, Blutgefäße und die Wurzeln der aus dem Rückenmark austretenden Nerven, die auch für die Leitung der Schmerzempfindung verantwortlich sind. Bei der Spinalanästhesie wird das Betäubungsmittel in den Spinalraum gespritzt, bei der Epiduralanästhesie in den Epiduralraum.
Der Patient sitzt mit vornüber gebeugtem Oberkörper oder liegt mit rundem Rücken und angewinkelten Beinen auf der Seite. Dadurch weichen die einzelnen Wirbelkörper, die die Wirbelsäule bilden, auseinander und die Zwischenräume, durch die der Arzt die Nadel leiten muss, werden größer.
Die Einstichstelle wird zunächst sorgfältig desinfiziert, um Infektionen zu vermeiden. Dann wird die Einstichstelle mit einer sehr dünnen Nadel örtlich betäubt. Sobald die Betäubung wirkt, führt der Arzt eine speziell geschliffene Kanüle (Hohlnadel) in die Haut über der Wirbelsäule ein und schiebt diese Nadel zwischen zwei Wirbeln vor, bis die Spitze im Periduralraum liegt.
Durch die Nadel wird nun ein dünner Plastikschlauch (Katheter) eingeführt, der nach Entfernen der Nadel im Periduralraum verbleibt. Über ihn injiziert der Arzt nun ein örtliches Betäubungsmittel, das die Wurzeln der an dieser Stelle aus dem Rückenmark austretenden schmerzleitenden Nerven blockiert. Durch die Höhe, in der die Periduralanästhesie durchgeführt wird, kann der Narkosearzt bestimmen, welcher Bereich des Körpers betäubt wird. Bei Eingriffen am Oberbauch muss die Nadel im Bereich der Brustwirbelsäule eingeführt werden, bei einer Operation an der unteren Körperhälfte im Bereich der Lendenwirbelsäule.
Etwa zehn bis 20 Minuten nach der Injektion beginnt das Medikament zu wirken. Ein Wärmegefühl breitet sich im betäubten Gebiet aus. Schon kurze Zeit später wird die Region gefühllos. Auch Beeinträchtigungen der Beweglichkeit können vorkommen. Nach etwa drei Stunden klingt die Wirkung dann nach und nach ab, sofern über den Katheter nicht nachgespritzt wird
Bei Operationen, die in Regionalanästhesie vorgenommen werden, kommen die gleichen Überwachungsgeräte wie bei einer Vollnarkose zum Einsatz. Der Blutdruck wird mit einer Blutdruckmanschette regelmäßig gemessen, die Herztätigkeit mit Hilfe eines EKG ständig überwacht. Mit einem Messfühler am Finger kann der Sauerstoffgehalt der roten Blutkörperchen gemessen werden. Über eine dünne Sonde oder eine Atemmaske wird meist zusätzlicher Sauerstoff verabreicht. Um während der Operation Infusionen und Medikamente verabreichen zu können, ist die Anlage einer sog. Verweilkanüle in eine Vene an Handrücken oder Unterarm notwendig. Der Einstich ist in der Regel nicht schmerzhafter als eine Impfung. Der verantwortliche Narkosearzt bleibt die ganze Zeit beim Patienten und betreut ihn.
Grundsätzlich darf eine Periduralanästhesie nicht durchgeführt werden, wenn sie vom Patient aus Angst oder sonstigen Gründen abgelehnt wird. Wir werden Sie beraten und Ihre Entscheidung akzeptieren. Auch eine bekannte Allergie gegen die verwendeten Lokalanästhetika oder eine Entzündung an der Stelle, an der die Nadel eingestochen werden soll, verbieten diese Methode.
Bei Deformierungen der Wirbelsäule und bei Störungen der Blutgerinnung muss der Arzt genau abwägen, ob die Periduralanästhesie möglich ist oder ob er einer anderen Anästhesiemethode den Vorzug gibt. Dasselbe gilt für bestehende Erkrankungen des Gehirns und der Nerven, zum Beispiel bei Multipler Sklerose, sowie bei Bandscheibenvorfällen und bestehenden Nervenausfällen im zu betäubenden Bereich.
Die Periduralanästhesie ist ein sehr sicheres Verfahren zur Schmerzausschaltung während und nach der Operation. Wie bei jeder Anästhesiemethode gibt es gelegentlich Komplikationen, die aber meist nur vorübergehender Natur sind. Bleibende Schäden durch eine Periduralanästhesie sind sehr selten.
Kreislaufreaktionen wie Blutdruckabfall oder Verlangsamung des Herzschlags gibt es manchmal besonders am Anfang der Anästhesie. Sie lassen sich meist durch einfache Maßnahmen beheben. Um diesen Problemen vorzubeugen, bekommen die Patienten vor der Periduralanästhesie über eine Vene Flüssigkeit (Infusion) verabreicht.
Gegen die modernen örtlichen Betäubungsmittel sind nur wenige Menschen allergisch. Der Arzt frägt im Rahmen des Narkosevorgesprächs nach bekannten Allergien.
Im Periduralraum liegt ein Geflecht aus Venen, durch das der Arzt die Nadel führen muss. Wird ein Gefäß verletzt, was trotz sorgfältigstem Vorgehen nicht vermeidbar ist, kann sich ein kleiner Bluterguss bilden. In sehr seltenen Fällen ist eine Hirnblutung sowie eine Ansammlung von Blut unter der das Gehirn umgebenden harten Hirnhaut (subdurales Hämatom) möglich. Bei normaler Blutgerinnung verschließt sich die Wunde ganz schnell. Leidet der Patient jedoch unter einer Blutgerinnungsstörung, kann der Bluterguss so groß werden, dass er auf das Rückenmark Druck ausübt. In diesem sehr seltenen Fall kann sogar eine Operation zur Entlastung des Rückenmarks notwendig werden. Daher wird vor der Periduralanästhesie die Blutgerinnung im Labor untersucht und eine Blutungsanamnese erhoben. Gerinnungshemmende Medikamente müssen nach ärztlicher Anweisung rechtzeitig vor der Operation abgesetzt werden.
Bei sorgfältigem Vorgehen sind Verletzungen von Nerven oder des Rückenmarks extrem selten. Das Verfahren darf nur am wachen Patienten angewendet werden, damit das Berühren eines Nervs mit der Nadelspitze sofort bemerkt wird.
Auf der Haut jedes Menschen lebt eine Vielzahl von Bakterien. Jeder Einstich durch die Haut birgt ein gewisses Risiko für eine Infektion. Bei der Periduralanästhesie kann es durch die Verschleppung von Keimen zu Hirn-, Rückenmark- oder Hirnhautentzündung kommen. Um dies zu verhindern, desinfiziert der Arzt den Bereich der Einstichstelle vor der Punktion sorgfältig, und es wird nur mit sterilen Materialien gearbeitet.
Bei einer unbeabsichtigten Verletzung der hinter dem Periduralraum liegenden harten Rückenmarkshaut kommt es zum Austreten von Nervenflüssigkeit. Ein Verlust dieser Flüssigkeit und die Reizung der Rückenmarkshaut können besonders bei jungen Patienten zum sogenannten postspinalen Kopfschmerz führen. Im Stehen oder Sitzen ist der Schmerz am schlimmsten, im Liegen wird es besser. Im Extremfall kann es erforderlich sein, dass der Patient einige Tage im Bett bleiben muss. Flaches Liegen, reichliches Trinken und gegebenenfalls Schmerzmittel helfen. In den meisten Fällen verschwindet der Kopfschmerz nach einigen Tagen wieder. Falls diese Maßnahmen nicht erfolgreich sind, gibt es die Möglichkeit eines so genannten epiduralen Blutpatchs. An der Stelle, an der das Leck entstanden ist, wird in den Spinalraum umgebenden Epiduralraum eine kleine Menge patienteneigenes Blut gespritzt. Dieses Blut gerinnt und verhindert so ein weiteres Austreten von Liquor. Bei anhaltendem spinalem Kopfschmerz kann ein solcher Patch auch einige Zeit nach der Spinalanästhesie noch helfen.